Hebbelpreis 1996
Der Hebbelpreis 1996 wurde an jemanden verliehen, der sich zwar intensiv und leidenschaftlich mit Büchern beschäftigt, aber nicht als Autor, sondern als Wort-, Bild-und Druckkünstler, an Reinhard Scheuble aus Witzwort. Scheuble (mit seinem Kleinstverlag ,Die Quetsche') wurde ausgezeichnet für seine Liebe zum Buch, seine Kreativität und Phantasie bei der Gestaltung von Büchern.
Es lag nahe, bei der Verleihung auf die Frage einzugehen, wie es bei Friedrich Hebbel mit der Buchkunst steht. In einem sehr informativen Aufsatz für das Hebbel-Jahrbuch 1986 ist Ronald Salter diesem Aspekt nachgegangen. Zu Hebbels Lebzeiten ist nur ein Prosatext (Schnock) als illustrierte Ausgabe 1850 erschienen. Eine Edition seiner Judith von 1908 -mit Illustrationen von Thomas Theodor Heine (dem satirischen Zeichner des Simphcissimus) - stieß auf ein sehr geteiltes Echo, und ein Zeitgenosse stellte die Frage ,Was würde wohl der alte Hebbel zu diesem seinem neuen Illustrator sagen?' Auf Reinhard Scheuble und seine Arbeitsweise übertragen, fiele die Antwort auf diese Frage nicht schwer. Scheuble tritt als sein eigener Auftraggeber absolut souverän an den zu gestaltenden Text heran. Er entscheidet allein, welcher Text geeignet ist und welche Gestaltungselemente ihm zukommen. Ein von seinem Rang und seiner Mission so überzeugter Autor wie Hebbel hätte eine solche Herangehensweise, eine mit dem selbstverständlichen Anspruch auf Gleichrangigkeit antretende buchkünstlerische Gestaltung kaum akzeptieren können.
Der Hebbelpreis galt auch in diesem Fall einem eigenständigen, auf seinem Feld meisterlichen Künstler und war ausdrücklich als Ermutigung gemeint, in diesem selten gewordenen Metier weiterzumachen.
Ralf-Peter Carl